Bagnaia beweist Köpfchen und wird Zweiter: "Strategie war die richtige"

Francesco Bagnaia baut seine WM-Führung mit Platz zwei in Australien dank einer cleveren Renneinteilung aus - Was er zu Strategie von Titelrivale Jorge Martin sagt

(Motorsport-Total.com) - Sechs Runden vor dem Rennende in Australien sah es noch so aus, als würde Francesco Bagnaia es nicht aufs Podium schaffen und als Fünftplatzierter 14 Punkte auf den zu diesem Zeitpunkt führenden Jorge Martin verlieren. Doch in einer dramatischen Schlussphase drehte sich das Bild noch einmal komplett.

Titel-Bild zur News: Francesco Bagnaia

Bagnaia ließ sich nicht verleiten, zu früh zu pushen, und wurde belohnt Zoom

Denn Martin war anders als seine Verfolger mit dem weichen Hinterreifen unterwegs und bezahlte diese Wahl in den letzten Runden teuer. Er fiel noch bis auf den fünften Rang zurück, während sein Pramac-Teamkollege Johann Zarco triumphierte und Bagnaia mit Platz zwei 20 wichtige Punkte für sein WM-Konto ergatterte.

"All die Runden, die ich am Freitag mit dem Medium-Reifen gefahren bin, haben mit Sicherheit geholfen", unterstreicht Bagnaia den Schlüssel zum Erfolg. "Wir haben zwar den direkten Q2-Einzug verpasst, aber uns war es wichtiger, mehr Runden mit dem Medium zu fahren, um für das Rennen bereit zu sein."

"Der Grip war in diesem Jahr niedriger, aber wir waren schneller. Der Reifenverschleiß am Hinterreifen war also viel höher. Deshalb war die Wahl des Hinterreifens für mich recht klar", erklärt der Weltmeister, der sich für den Medium entschied.

Q2-Direkteinzug für Rennvorbereitung geopfert

Ins Rennen startete der 26-Jährige aus der ersten Reihe von Position drei. Diesmal hatte es mit dem nachträglichen Einzug in Q2 - anders als vor einer Woche in Indonesien - geklappt.

"Es war sehr wichtig, aus der ersten Reihe zu starten. Das haben wir geschafft", betont Bagnaia. "Als das Rennen begann und ich sah, dass die anderen viel schneller unterwegs waren und eine Lücke aufmachten, dachte ich mir, okay, vielleicht ist das zu viel. Es hieß also, Ruhe bewahren und erst zum Ende hin pushen."

"Diese Strategie war die richtige. Ich hatte erwartet, dass der Hinterreifen von Jorge schon früher abbaut. Aber drei, vier Runden vor Schluss ist es dann passiert. In der letzten Runde konnten wir ihn überholen." Bis dahin hatte Martin das Feld vom Start weg angeführt. Zwischenzeitlich lag sein Vorsprung bei 3,5 Sekunden.

Doch mit Anbruch der Schlussrunde war davon nichts mehr übrig und der Pramac-Pilot wurde zur leichten Beute. "Schon die Runde zuvor dachte ich mir, okay, wir werden ihn überholen. Man sah, dass er mit der Traktion arg zu kämpfen hatte", verrät Bagnaia.

"Ich versuchte, so schnell wie möglich an ihm vorbeizukommen, denn wir waren ja eine Gruppe aus drei, vier Fahrern. Ich wollte den anderen noch die Gelegenheit geben, ihn zu überholen und nicht bis zur letzten Kurve hinter ihm zu bleiben", erklärt er.

"Als Johann ihn attackierte, ergriff ich die Chance und stach innen hinein. Aber ich denke, alle Überholmanöver, die ich heute gemacht habe, waren gut." Und das waren nicht wenige. Zu Beginn duellierte sich Bagnaia mit Jack Miller. In der Schlussphase kämpfte er dann mit Zarco, Fabio Di Giannantonio und Brad Binder.

Binder fällt zurück, Bagnaia auf dem Vormarsch

Letzterer lag lange Zeit auf einem komfortablen zweiten Platz und hatte seinerseits ebenfalls einen guten Vorsprung auf die Verfolger. Ein Umstand, der Bagnaia zwischenzeitlich Sorgen bereitete: "Brad war sehr stark mit dem Medium-Reifen und ich wusste nicht, ob meine Pace gut genug ist", räumt der Italiener ein.

"Aber dann sah ich, dass auch er Probleme bekam. Als er und Fabio anfingen, sich zu duellieren, half uns das näherzukommen, ohne übermäßig pushen zu müssen."

"Ich wartete dann die letzten Runden ab und überholte Diggia", erzählt Bagnaia weiter. "Das war ein wirkliches schönes Überholmanöver, vielleicht eines der besten. Mit Martin musste es dann schnell gehen, denn es war auch ziemlich eng in der Gruppe."


Fotos: MotoGP: Grand Prix von Australien (Phillip Island) 2023, Qualifying & Grand Prix


Um sich auch noch Zarco zu schnappen, reichte es am Ende nicht. Im Ziel trennten die beiden Ducati-Markenkollegen lediglich zwei Zehntelsekunden. Doch Bagnaia goutiert: "Zarco hatte zum Schluss die bessere Traktion. Er hat den Hinterreifen gut geschont. Insofern verdiente er den Sieg mehr als ich heute."

Angesprochen auf Martins riskante Reifenwahl, hält der Weltmeister fest: "Er war der Einzige, der die Möglichkeit hatte, mit dem weichen Reifen über die Distanz zu kommen, denn er ist gestern damit viele Runden gefahren und war ziemlich schnell."

"Aber ich denke, die maximale Anzahl an Runden waren 19, mit Boxenstopps dazwischen. Die volle Renndistanz ist da noch mal eine andere Geschichte", weiß Bagnaia.

"Natürlich musste er mit dem weichen Hinterreifen von Beginn an pushen. Denn es war ja klar, dass der Reifen abbauen würde. Also ging es für ihn darum, einen Vorsprung herauszufahren, um für die letzten Runden einen gewissen Spielraum zu haben."

WM-Pendel schlägt wieder Richtung Bagnaia aus

Doch der reichte am Ende nicht - weder für den Sieg noch das Podium. In der Gesamtwertung büßte Martin neun Punkte auf Bagnaia ein. Dessen Vorsprung liegt jetzt bei 27 Zählern, nachdem er die WM-Führung vor genau einer Woche im Sprint von Indonesien noch an Martin verloren hatte und sieben Punkte zurücklag.

"Die Dinge in der Weltmeisterschaft können sich sehr schnell ändern. Das wissen wir nur zu gut", betont Bagnaia. "Ich hatte auch schon 62 Punkte Vorsprung (nach Spielberg; Anm. d. R.) und verlor alles. Man muss ruhig bleiben und in jeder Situation intelligent sein. Man muss immer versuchen, vorne dabei zu sein."

"Ich denke, wir haben jedes Mal das Maximum herausgeholt. In Misano standen wir auf dem Podium, auch wenn wir uns dort schwertaten. Wir gewannen in Mandalika, schafften es in Japan aufs Podest. Wir arbeiten wirklich hart. Von außen sieht es vielleicht so aus, als hätten wir zu kämpfen. Aber im Rennen sind wir immer da."

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