Insight: Die Herausforderungen beim Wasserstoffverbrennungsmotor (3/3)

Das Thema H2-Verbrenner steht kurz vor dem Durchbruch im Motorsport, doch noch sind nicht alle Hürden gemeistert - Heute in Teil 3: Klimaneutrale H2-Gewinnung

(Motorsport-Total.com) - Die schönste CO2-freie Verbrennung hilft nichts, wenn das Medium selbst nicht klimaneutral ist. Wasserstoff kann nur in geringen Maßen aus natürlichen Vorkommen gewonnen werden. Das nennt sich Weißer Wasserstoff und ist relativ selten, selbst wenn kürzlich ein riesiges Vorkommen in Albanien entdeckt wurde.

Titel-Bild zur News: Wasserstoff-Elektrolyseur von AVL/Ceres

Eine mögliche Lösung Mobiler Wasserstoff-Elektrolyseur von AVL/Ceres Zoom

Wasserstoff ist in erster Linie ein Energiespeicher. Solche sind dringend nötig (siehe unten). Zu seiner Erzeugung mittels Elektrolyse muss erst einmal Energie hinzugefügt werden. Damit unterscheidet er sich grundsätzlich von fossilen Kraftstoffen, die ausgebuddelt werden und dann der Welt zusätzliche Energie liefern.

Die gute Nachricht zuerst: Elektrolyseure, die H2 aus Salzwasser gewinnen, sind realistischer denn je. Chinesischen Forschern gelang im Jahr 2023 ein Durchbruch. Mit chemischen Beschichtungen wird verhindert, dass bei der Elektrolyse von Meerwasser die Anode von Chlorid-Ionen zersetzt wird.

Solarenergie von zentraler Bedeutung

Eine weitere wichtige Entwicklung ist die explosionsartige Ausbreitung der Solarenergie. Hier ist in jüngster Zeit ein Kipppunkt erreicht worden, der einer typischen Verlaufskurve bei neuen Technologien folgt: der sogenannten S-Kurve.

Die Theorie der S-Kurve besagt, dass eine neue Technologie erst ein sehr langes Anlauffenster benötigt, in der sie lediglich von "early adopters" genutzt wird. Das sind häufig kommerzielle Unternehmen oder auch begeisterte Hobbytechniker.

Wird die Technologie für den Mainstream praktikabel, vermehrt sie sich am Scheitel der S-Kurve mit unfassbarer Geschwindigkeit, bevor die Verbreitung sich dann abschwächt und langsamer wird. Prominente Vertreter solcher Entwicklungsschübe sind Computer oder Handys. Die Kurve der Verbreitung im Diagramm gleicht einem liegenden S.

Die Solarenergie befindet sich derzeit in der Phase des rasanten Aufstiegs. Überall in der Welt entstehen riesige Solarparks. Innerhalb weniger Jahre wird sie in den allermeisten Ländern die billigste Energiequelle sein und alle fossilen Kraftstoffe hinter sich lassen.

Natürlich, so das Argument von Theoretikern, wäre es viel effizienter, diese Energie direkt zu nutzen. Doch praktisch betrachtet ist das nicht möglich. Schon auf nationaler Ebene scheitert die reine Solarenergie regelmäßig an den zu knappen Kapazitäten in den Stromnetzen.

An sonnenreichen Tagen müssen bereits jetzt in Deutschland regelmäßig Solarparks abgeschaltet werden, deren Besitzer dann mit Steuergeld entschädigt werden. Und das, ohne dass wir bislang auch nur in die Nähe des Endziels der Bundesregierung bezüglich der Stromerzeugung gekommen wären.

Auf globaler Ebene macht die Umwandlung von Strom in Wasserstoff sogar die Erschließung völlig neuer Energiequellen möglich. Solarenergie ist häufig an dünn besiedelten Orten wie Wüsten am ergiebigsten, wo allerdings nur wenige Menschen leben. Der Strom kann also nicht genutzt werden.

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Bereits bei 50 Prozent Erneuerbarer Energie sind die Stromnetze über dem Limit - Deutschland will bis 2030 80 Prozent erreichen Zoom

Solche Flächen würden schlicht ungenutzt bleiben, weil der Strom nicht in den Mengen abgenommen werden kann, wie er produziert werden könnte. Ohne Wasserstoffumwandlung etwa an Küsten würde sauberes Energiepotenzial ungenutzt bleiben. Beispiele dafür sind das australische Outback oder Wüsten in Afrika und Südamerika.

Ganze Länder können so zu Exporteuren sauberer Energie werden. Deutschland allein hat Wasserstoffpartnerschaften auf vier Kontinenten geschlossen. Letztlich, so die Erwartung, wird weltweit mittels Solarenergie so viel Energie gewonnen werden können, dass der Effizienzgrad am Ende eine untergeordnete Rolle spielt.

Natürlich kann man aber nicht mit Sicherheit darauf bauen. Und so bringt AVL Racetech für seinen Wasserstoffverbrennungsmotor gleich eine lokale Lösung mit, nämlich einen eigenen transportablen Elektrolyseur.

Ellen Lohr

DTM-Rennsiegerin Ellen Lohr ist heute Motorsportleiterin bei AVL Racetech Zoom

"Wir haben in der AVL das Wissen und das Können, was Elektrolyse angeht. Transportabel oder im Container - was immer man auf der Rennstrecke benutzen würde", sagt Ellen Lohr, Motorsportdirektorin bei AVL Racetech, gegenüber Motorsport-Total.com.

"Es geht also wirklich dann nur noch darum, in dem Moment Grünen Strom für die Elektrolyse zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dann sind wir immer 100 Prozent CO2-frei. Deswegen sind wir alle davon überzeugt, dass das einen Teil des zukünftigen nachhaltigen Motorsports ausmachen wird."

Grüner Strom kann beispielsweise durch eine Überdachung des Fahrerlagers mit Solarzellen erreicht werden, zur Not auch mit transportablen Systemen, etwa durch Energiepartnerschaften von Rennserien mit Solaranbietern. Es sind viele Szenarien denkbar.

Warum Wasserstoff für die Hersteller interessant ist

Von Herstellerseite herrscht an dem Thema großes Interesse. Denn Wasserstoff wird auch im Straßenverkehr eine wichtige Säule bilden. Die Politik sieht solche Anwendungen vor allem im Nutzfahrzeugbereich.

Ob es auch für den PKW-Verkehr umsetzbar ist, wird an der technischen Entwicklung, dem Willen der Hersteller und letztlich auch der Politik hängen. Aber das Thema ist auch für die Autoindustrie zu interessant, um es von vornherein zu ignorieren.

"Viele Hersteller schauen sich das an, auch die, die vorher eine andere Meinung gehabt haben, in welche Richtung es geht", sagt Ingo Mauel, Leiter Bosch Motorsport, gegenüber Motorsport-Total.com.

Lionel Martin gibt eine abschließende Bewertung ab: "Man muss es so sehen: Wir stehen beim Wasserstoff ungefähr da, wo wir mit Batterien vor 15 Jahren gestanden haben. Sie waren groß, schwer, hatten viel zu viel Gewicht... Sie sind nach wie vor sehr schwer, aber besser als vor zehn Jahren."

Wasserstoffverbrenner wie der Bosch H2 Demostrator werden nur klimaneutral, wenn der Wasserstoff grün oder weiß ist

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"Mit Wasserstoff wird ähnliches passieren - einfach dadurch, dass jetzt erst der weltweite Markt für Wasserstoff kommt. Alle großen Märkte haben Strategien für Wasserstoff. Jetzt bringen wir Anwendungen für Brennstoffzelle und Wasserstoffmotoren, die sich gut ergänzen. Fast jede große Firma investiert in den Bereich Wasserstoff. Das passiert jetzt gerade."

Der Traum vom emissionsfreien Motorsport mit gutem Sound erschien noch nie so realistisch wie heute.

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