Sensationssieger Nicholas Spinelli jubelt: "Glück mit roter Flagge, aber so ist es"

Nicholas Spinelli verrät, wer den Reifenpoker mit Intermediates entschieden hat - Als sein Vorsprung schrumpfte, fragte sich der Barni-Fahrer, wann es zu Ende sein würde

(Motorsport-Total.com) - Nicholas Spinelli hat in Assen für eine der größten Überraschungen und Sensationen in der Geschichte der Superbike-Weltmeisterschaft gesorgt. Nachdem sich eine Woche zuvor Danilo Petrucci beim Motocross-Training verletzt hatte, nominierte Marco Barnabo den 22-Jährigen als Ersatzfahrer.

Titel-Bild zur News: Ivo Lopes, Nicholas Spinelli

Erster Start in der Superbike-WM, erster Sieg! Sensationsmann Nicholas Spinelli Zoom

Der leidenschaftliche Teamchef hatte die Telefonnummer von Spinelli, denn im Jahr 2022 ist er für Barni in der italienischen Supersport-Meisterschaft gefahren und hat damals den Next-Generation-Titel gewonnen.

"Es wird für ihn eine schwierige Herausforderung, denn er ist noch nie ein Superbike gefahren", meinte Barnabo vor dem Wochenende. "Aber es ist der richtige Moment, um ihm diese Chance zu geben. Er wird überhaupt keinen Druck haben." Denn seine Erfolge im Vorjahr waren überschaubar.

Im vergangenen Jahr bestritt er die Supersport-WM mit einer Yamaha des VFT-Racing-Teams. Platz zwei beim Saisonauftakt in Australien war Spinellis Höhepunkt. An dieses Ergebnis konnte er im weiteren Verlauf nicht mehr anknüpfen.

Parallel dazu fuhr Spinelli in der MotoE für das Pons-Team. Beim Finale in Misano eroberte er seinen ersten Sieg. In diesem Jahr tritt der 22-Jährige nicht mehr in der Supersport-WM an. In der MotoE ist er ins Tech3-Team gewechselt und hat gleich den Saisonauftakt in Portimao gewonnen.

Ohne Testfahrten kletterte Spinelli nun in Assen auf die Ducati Panigale V4R von Petrucci: "Am Freitag bin ich zum ersten Mal mit einem Superbike gefahren. Dieses Motorrad ist unglaublich, weil es so viel Leistung gibt!"

Wer hat die Wahl für Intermediates getroffen?

Das wechselhafte Wetter in den Niederlanden machte die Aufgabe nicht einfacher. Trotzdem qualifizierte sich Spinelli für Startplatz elf in der Mitte der vierten Reihe. Als es in der Startaufstellung zu tröpfeln begann, rauchten die Köpfe bezüglich der Reifenwahl.

"Vor dem Start habe ich mit meinem Team darüber gesprochen, ob wir Intermediates oder Slicks nehmen", blickt Spinelli auf diesen entscheidenden Moment zurück. Die Wahl im Feld war klar. Mit zwei Ausnahmen hatten sich alle Fahrer für Slicks entschieden, obwohl der erste Sektor nass war.

Spinelli stand vorne und hinten mit dem Intermediate-Reifen von Pirelli in der Startaufstellung. Nur noch Yamaha-Fahrer Andrea Locatelli hatte vorne einen Intermediate montiert, aber hinten einen Slick. Sie probierten etwas Anderes.

Hat Spinelli diese Entscheidung getroffen, oder das Barni-Team? Es war das Team, "weil ich keine Erfahrung mit diesem Motorrad habe", begründet der Italiener. In der Anfangsphase war das die goldrichtige Wahl. Spinelli übernahm schon nach wenigen Kurven die Führung.

"Im Rennen war es sehr nass, weil es im ersten Sektor geregnet hat. Ich konnte mir einen großen Vorsprung herausfahren." Sein Vorsprung auf die Verfolger mit Slicks wuchs rasch auf 24 Sekunden an. Aber die Strecke trocknete rasch.

Vorsprung schrumpft auf trockener Strecke rapide

Ab Runde sieben schrumpfte Spinellis Vorsprung zusehends, mit zunächst rund zwei Sekunden pro Umlauf. In Runde elf betrug sein Polster noch 14 Sekunden, in Runde zwölf elf und nach 13 Runden nur noch sechs Sekunden. Er wurde rapide eingeholt.

"Als mein Vorsprung schrumpfte, habe ich mich gefragt, wann das Rennen zu Ende sein würde." Denn es war klar, dass er die deutlich schnelleren Verfolger im letzten Renndrittel nicht hinter sich halten würde können.

Schließlich kam sieben Runden vor der geplanten Distanz die Erlösung. Ein Motorschaden von Locatellis Yamaha sorgte für eine Ölspür in Kurve 15. Aus Sicherheitsgründen entschied sich die Rennleitung zum Abbruch.

Zu diesem Zeitpunkt betrug Spinellis Vorsprung auf Toprak Razgatlioglu (BMW) und Alvaro Bautista (Ducati) nur noch zwei Sekunden. "Natürlich hatte ich mit der roten Flagge Glück, aber so ist das Rennen", nimmt er das Geschenk gerne an. "Ich bin natürlich sehr glücklich."

Für das Barni-Team war es der erste Sieg in der Superbike-WM. Ohne Abbruch wäre Spinelli noch von einigen Fahrern überholt worden und vermutlich im Bereich von Platz zehn ins Ziel gekommen.

"Ja, das wäre auch gut gewesen, aber dieses Ergebnis ist natürlich besser", lacht der Italiener. "Ich weiß nicht, wie es ohne roter Flagge ausgegangen wäre." Hat er in seinem Vertrag als Ersatzfahrer auch Bonuszahlungen vereinbart? "Ich weiß es nicht, aber ich freue mich sehr über diesen Sieg."

Sein sensationeller Triumph war in Assen das große Gesprächsthema im Paddock. "Gratulation! Ein Superbike-Rennen zu gewinnen und die richtige Reifenwahl zu treffen", zieht Rekordweltmeister Jonathan Rea seinen Hut. "Natürlich hatte er mit der roten Flagge Glück, aber er hat es super gemacht. Siege gibt es nicht umsonst. Er muss diesen Moment genießen."

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