Martin erklärt Taktik am Freitag: "Wollte Pecco nur folgen, nicht stören"

1:0 für Jorge Martin: Der Pramac-Pilot belauert Francesco Bagnaia im Kampf um den direkten Q2-Einzug wie ein Stalker - Martin kommt weiter, Bagnaia nicht

(Motorsport-Total.com) - Für Jorge Martin hätte der MotoGP-Freitag in Valencia kaum besser laufen können. Denn während der Pramac-Ducati-Pilot als Zweitplatzierter souverän direkt in Q2 einzog, scheiterte sein Titelrivale Francesco Bagnaia am vorzeitigen Weiterkommen. Der Ducati-Fahrer kam nicht über den 15. Platz hinaus.

Titel-Bild zur News: Francesco Bagnaia, Jorge Martin

Jorge Martin hing Francesco Bagnaia in der kompletten Schlussphase am Hinterrad Zoom

Daran hatte gewiss auch Martin seinen Anteil. Denn er folgte Bagnaia in den letzten beiden Runs wie ein Schatten und versuchte den Italiener augenscheinlich in einen Fehler zu treiben oder zumindest aus dem Konzept zu bringen.

Und tatsächlich bekam Bagnaia in der Schlussphase keine Runde zustande, die für die Top 10 reichte. Am Ende ruinierten ihm späte gelben Flaggen, ausgelöst durch Pol Espargaro (Tech-3-GasGas), auch noch den letzten Versuch.

Martin befand sich zu diesem Zeitpunkt schon auf Platz zwei. Er hatte seine Zeit bereits zuvor im Windschatten von Bagnaia verbessern können. "Ich bin glücklich, denn ich war auf Anhieb schnell und das ist die Hauptsache", resümiert er seinen Freitag. "Ich fühlte mich auch mit gebrauchten Reifen super stark."

Martin: Auch ein wenig Druck ausüben

Zu seiner Strategie am Nachmittag erklärt er: "Wir entschieden uns für eine frühe Zeitattacke zur Mitte der Session, und das mit dem Medium-Reifen, den ich eigentlich nicht so sehr mag." Dennoch schaffte er es schon da souverän in die Top 10.

"Dann gingen wir ein Risiko ein und sind Pecco gefolgt. Ich dachte mir, wenn er in Q2 einzieht, dann ziehe ich auch in Q2 ein. Und wenn nicht, dann muss ich eben in Q1 ran. Ich wusste, dass ich dieses Risiko eingehen muss. Aber letztendlich ist mir eine gute Runde gelungen", fasst Martin die Schlussphase zusammen.

Auf Nachfrage, ob er Bagnaia nicht auch ein wenig aus der Ruhe bringen wollte, beschwichtigt der Spanier: "Ich versuchte, ihm zu folgen, um seine Linien zu verstehen, seine Stärken und Schwächen. Natürlich war ich nah dran an ihm. Aber das ist der einzige Weg, um vielleicht auch ein wenig Druck auszuüben."

"Aber es ging eher darum, ihm zu folgen, um dasselbe zu tun wie er. Entweder wir landen beide in Q2 oder beide in Q1. Letztlich konnte ich hinter ihm eine schnelle Runde fahren. Ich fühlte mich gut und er war sicher nicht glücklich über die Situation."

"Natürlich wollen wir ihn wissen lassen, dass wir da sind, um zu kämpfen. Aber ich wollte ihm nicht die Runde zerstören oder so etwas", sagt Martin weiter. "Ich war lediglich hinter ihm, um seine Linien zu studieren. Klar ist das nicht schön anzusehen. Es ist nichts, das ich tun will oder das ich gewohnt bin."

"Aber ich habe keine andere Wahl", betont der Pramac-Pilot und ergänzt: "Auf die nächste Stufe, ihn zu stören, werde ich aber nicht gehen." Für den Geschmack der Ducati-Bosse war aber schon das, was Martin am Freitag tat, eine Spur zu hart.

Ducati von Martin-Taktik wenig begeistert

So hatte Teammanager Davide Tardozzi während des Trainings für Martin Taktik nur Kopfschütteln und quittierte sie später bei Sky Italia gar als "peinlich". Dann beruhigte sich der Italiener aber wieder und sagte, dass er diese Art von Strategie zwar nicht möge, aber dass er auch nicht denke, dass sie falsch ist.

Darauf angesprochen, rechtfertigt Martin sich: "Ich habe mitbekommen, dass sie ein wenig verärgert waren über die Situation. Aber es ist das Einzige, was wir tun können. Es ist ja nicht so, dass ich ihn von der Strecke gedrängt hätte oder so."

"Ich bin ihm nur gefolgt. Im Laufe der Saison sind viele Fahrer mir oder Pecco gefolgt, und sie haben nichts gesagt. Also sollten sie sich entspannen. Er ist nun mal mein größter Gegner und ich muss seine Stärken und Schwächen verstehen."


Fotos: MotoGP: Grand Prix von Valencia 2023, Training


Auf die Frage, ob er sich von Ducati in der aktuellen Situation mehr Neutralität wünsche, antwortet Martin diplomatisch: "Ich bin ein Ducati-Fahrer. Alle meine Ergebnisse fahre ich für mein Team, aber auch für Ducati ein. Von daher hoffe ich, dass sie glücklich darüber sind, dass auch ich in der Lage bin zu gewinnen."

Ein Sieg steht auch für das Sprintrennen am Samstag auf Martins Agenda. "Gewinnen oder vor Pecco sein", definiert er seine Strategie. "Wenn wir hinter ihm liegen, werden wir alles geben, um nach vorn zu kommen. Heute war ein guter Tag, aber es liegen noch zwei vor uns. Es war gut, aber noch nicht genug."

Übungsstarts stark, viele Stürze eine Sorge

Einen besonderen Fokus legte der Spanier am Freitag auch auf seine Übungsstarts: "In Katar ist mir während des gesamten Wochenendes nur ein guter Start gelungen. Und heute waren die ersten drei Übungsstarts perfekt. Das freut mich natürlich."

Dass er wegen eines nicht korrekt ausgeführten Übungsstarts eine 500-Euro-Strafe erhielt, wird der Pramac-Pilot da wohl verschmerzen können. Eine Sache beunruhigt ihn aber doch: die vielen Stürze am Trainingsfreitag - allein neun am Nachmittag.

"Es ist mit Sicherheit knifflig da draußen. Ich denke, wir sind am Vorderrad alle am Limit", kommentiert Martin die Zwischenfälle. "Und es gibt einige Stellen mit viel Grip und an anderen haben wir zu kämpfen. Keine Ahnung warum."

"In der Mitte der Kurve, wo es auf den Kurvenspeed ankommt, entgleitet mir oft das Hinterrad. Das ist sonst nicht der Fall. Aber wir haben vom Vormittag auf den Nachmittag einen guten Schritt gemacht. Ich hoffe, dass uns das auch morgen gelingt."