Moto2 Brünn: Lüthi dominiert chaotisches Sprintrennen!

Nach einer Rennunterbrechung aufgrund von Regen konnte Tom Lüthi einen souveränen Sieg in einem Sprintrennen in Brünn einfahren - Morbidelli nur Achter

(Motorsport-Total.com) - Unverhofft kommt oft. Das muss am Sonntag auch Tom Lüthi in Brünn erleben. Der Schweizer nutzt eine Rennunterbrechung und die regnerischen Bedingungen aus, um sich in einem Sprintrennen über nur sechs Runden seinen insgesamt 15. Sieg zu sichern. WM-Leader Franco Morbidelli kann nicht mithalten und wird nur Achter, somit schmilzt sein WM-Vorsprung auf 17 Punkte. Polesetter Mattia Pasini schmeißt seine Siegträume im Kiesbett weg, während Alex Marquez und Miguel Oliveira das Podium komplettieren. (Zum Ergebnis!)

Titel-Bild zur News: Thomas Lüthi

Tom Lüthi holt im regnerischen Brünn seinen insgesamt 15. Sieg Zoom

"Ich hatte schon heute Morgen ein gutes Gefühl im Nassen. Der Start war natürlich der Schlüssel", analysiert Lüthi nach Rennende überglücklich. "Ich versuchte dann, den Rhythmus zu halten und das Limit auszuloten. Das ist mir nach all den Schwierigkeiten, die wir hatten, gut gelungen. Es fühlt sich toll an, wieder zurück an der Spitze zu sein und auf dem Podium zu stehen." Er feiert seinen ersten Sieg in dieser Saison - der erste seit Australien 2016.

Vor dem Start wurde das Rennen als Trockenrennen eingestuft. Alle Piloten haben die Slicks aufgezogen. Besonders beeindruckend startete Oliveira von Startposition zwei, dahinter reihte sich der Polesetter Pasini ein. Zwischen den beiden Piloten entwickelte sich ein Kampf um die Führung in der ersten Runde. Dahinter reihten sich Francesco Bagnaia, Morbidelli, Marquez und Brad Binder in der Spitzengruppe ein.

Abbruch nach nur acht Runden: Pasini kann Pole nicht verwerten

WM-Zweiter Lüthi konnte sich von Startplatz elf zunächst nicht verbessern. Sandro Cortese verlor zwei Positionen in der Anfangsphase, wohingegen sein zukünftiger Nachfolger bei Intact, Xavi Vierge, der große Gewinner der Startphase war. Er konnte sich um neun Plätze verbessern. Bitter verlief die erste Runde für Dominique Aegerter, der Schweizer musste in die Box abbiegen. Der Schalthebel war gebrochen.

An der Spitze konnte sich Pasini in seinem 200. Grand Prix etwas von seinen Verfolgern absetzen. Doch WM-Leader Morbidelli wollte den Anschluss nicht verlieren. Der Italiener jagte seinen Landsmann, dahinter zogen Bagnaia, Oliveira und Marquez mit. Der Marc-VDS-Pilot war in der Anfangsphase der Schnellste in der Fünfergruppe. Lüthi musste sich durch das Feld kämpfen, er hatte Jorge Navarro, Luca Marini, Vierge und Binder vor sich. Er fand bei den kühleren Bedingungen - 20 Grad Celsius Luft- und 22 Grad Streckentemperatur - immer mehr in seinen Rhythmus.

Nach fünf Runden tröpfelten ein paar Regentropfen auf den tschechischen Asphalt. Eine Runde später hob der Führende Pasini seinen Arm, er wollte eine Unterbrechung des Rennens erzwingen. Doch die Rennleitung ließ zunächst nur die Regenflaggen schwenken. Die Piloten mussten sich auf den Slicks einen Weg durch die nun nasseren Bedingungen suchen. Diese Verhältnisse nutzte Morbidelli aus, auch Oliveira und Marquez gingen an Pasini vorbei. Zwei Runden später hoben weitere Piloten ihren Arm, denn der Regen wurde stärker.

Die Rennleitung musste auf die Signale der Fahrer reagieren. In Runde acht (von 20) wurde die Rote Flagge gezeigt, das Rennen wurde aufgrund der Wetterbedingungen unterbrochen. Die Piloten fuhren in die Garage, währenddessen landete Cortese bei den schwierigen Bedingungen im Kiesbett. Er verlor in Kurve 7 die Kontrolle über sein Bike.

Sprintrennen über sechs Runden: Lüthi mit Traumstart

Die Rennleitung entschied, dass ein Rennen über nur sechs Runden folgen sollte. Die Startreihenfolge des zweiten Rennens ergab sich aus den Positionen in Runde sieben. Pasini konnte seine Führung demnach behalten, Morbidelli und Oliveira wurden dahinter geführt. Bagnaia, Marquez und Binder komplettierten die Top 6. Lüthi wurde auf Rang sieben geführt. In der Garage von Aegerter wurde in der Zwischenzeit darüber diskutiert, ob der Schweizer erneut mitfahren darf. Doch die Rennleitung ließ ihn nicht wieder auf die Strecke gehen. Ebenso wurde Cortese gestoppt, weil sein Bike nach dem Crash nicht innerhalb von fünf Minuten in die Garage zurückkam.

Um 12:54 Uhr wurde die Boxengasse nach rund einer Viertelstunde Unterbrechung wieder geöffnet. Mit einem schnellen Restart-Prozedere sollte das Sprintrennen gestartet werden. Der Regen hat zu jenem Zeitpunkt wieder stark nachgelassen, dennoch gingen alle Piloten auf Regenreifen zurück auf die Strecke - Lüthi und Marquez auf gebrauchten, Morbidelli auf neuen. Sechs Minuten später wurde das Rennen erneut gestartet. Von Platz sieben schoss Lüthi an die Spitze. Marquez, Oliveira und Morbidelli reihten sich dahinter ein. Pasini wurde auf den fünften Platz zurückgereiht.

Der Schweizer konnte sich bereits wenige Meter nach dem Start etwas absetzen, erster Verfolger war Marquez. Pasini konnte sich zunächst noch mit Morbidelli und Oliveira duellieren, doch in Kurve 11 war die Reise für den Polesetter vorbei. Er ging bei den wechselhaften Bedingungen zu Boden, ein enttäuschendes Ende in seinem Jubiläumsrennen.

Morbidelli findet keinen Grip auf dem Regenreifen

Währenddessen geriet der WM-Führende unter immensen Druck. Morbidelli kam mit den schwierigen Bedingungen und den frischen Regenreifen nicht zurecht. Er klagte später über keinen Grip am Hinterreifen. Zwischenzeitlich fiel er auf den achten Rang zurück, während sein engster WM-Rivale das Feld anführte. Der Italiener musste sich mit Corsi, Fabio Quartararo, Vierge, Marini und Bagnaia herumschlagen, hinter ihm lauerten außerdem die Rookies Binder, Navarro und Andrea Locatelli. Lüthi ließ sich hingegen nicht aus der Ruhe bringen und knallte eine schnellste Rennrunde nach der anderen in den Asphalt.

Marquez und Oliveira konnten nicht mit dem Schweizer mithalten, sein Vorsprung wuchs auf über vier Sekunden. Er fuhr deutlich schneller als das restliche Moto2-Feld und dominierte das Sprintrennen, das seine WM-Chance wieder deutlich erhöhen sollte. Der 15. Sieg war ihm nicht mehr zu nehmen. Dahinter reihten sich Marquez und Oliveira solide auf den Rängen zwei und drei ein. "Dieses Podium fühlt sich gut an", strahlt auch Marquez.

"Nach der Verletzung auf dem Sachsenring war es ein harter Sommer für mich. Ich versuchte, heute zu gewinnen, um den Sieg Angel widmen zu können. Aber Tom war heute auf einem anderen Level", muss der Bruder von Marc Marquez zugeben. "Ich widme dieses Podium Angel und seiner Familie. Er ist der Maestro und ich werde ihn nie vergessen", richtet er rührende Worte an die Familie der kürzlich verstorbenen Rennlegende Angel Nieto.


Fotos: Moto2 in Brünn


WM-Duell spitzt sich zu: Lüthi fehlen nur noch 17 Punkte

Oliveira darf sich über ein weiteres Podium mit KTM freuen. Er resümiert: "Es war wirklich rutschig. Es hat nicht wirklich geregnet, die Strecke war für die Reifen nicht nass genug. Mein Reifen ist rechts total zerstört." Dennoch konnte er im Nassen Selbstvertrauen finden. "Ich fühlte mich wirklich gut bei den Bedingungen. Das mit einem Podium zu beenden, ist sehr schön."

Marini, Vierge, Corsi und Bagnaia kommen noch vor Morbidelli ins Ziel. Remy Gardner und Wildcard-Pilot Joe Roberts komplettieren überraschend die Top 10. In der WM-Wertung hat sich das Blatt gewendet. Lüthi konnte mit seinem Sieg deutlich Boden auf Morbidelli gutmachen. Der Schweizer liegt nun nur noch 17 Zähler hinter dem Marc-VDS-Piloten. Vor dem Brünn-Drama betrug der Abstand noch 34 Punkte. Auf dem dritten Rang bereits etwas abgeschlagen: Alex Marquez mit 49 Punkten Rückstand.