Prema: Formel 1 sinnlos, wenn Leclerc kein Cockpit kriegt

Charles Leclerc nimmt als Rookie die Formel 2 auseinander - Trotzdem fällt es ihm wie auch seinen Vorgängern schwer, einen Formel-1-Vertrag zu ergattern

(Motorsport-Total.com) - So dominant wie Charles Leclerc ist in der Formel 2 auch zu deren GP2-Zeiten lange niemand aufgetreten. Viele Fahrten des von Ferrari geförderten Monegassen erinnerten an die Saison 2006, als Lewis Hamilton die GP2-Serie dominiert hat. Während Teamkollege Antonio Fuoco bislang ganze 23 Punkte sammeln konnte, hat sich Leclerc bereits fünf Saisonsiege notieren lassen und führt die Gesamtwertung überlegen mit 50 Punkten Vorsprung an.

Titel-Bild zur News: Charles Leclerc

Er dominiert wie selten jemand zuvor, doch Leclercs F1-Optionen werden weniger Zoom

Doch es sind nicht bloß die Resultate, die Bände sprechen, sondern vor allem wie Leclerc dominiert: Wie er etwa in Silverstone binnen drei Runden ein Polster von sechs Sekunden herausfährt, obwohl er dieselben Reifen hat wie die Gegner auch. Oder wie er auf der überholfeindlichen Strecke in Ungarn vom letzten auf den vierten Platz vorfährt. Damit hat er überhaupt zum ersten Mal in einem Hauptrennen (vom Monaco-Ausfall abgesehen) das Podium verfehlt. Insgesamt ist sein schlechtestes Resultat - die zwei Monaco-Ausfälle ausgenommen - ein fünfter Platz in einem Reverse-Grid-Rennen.

Trotzdem ist nicht gesichert, dass Leclerc 2018 Formel 1 fahren wird. Seine Vorgänger bei Prema, die die GP2-Saison 2016 dominiert hatten, haben in diesem Jahr keinen Formel-1-Stammplatz gefunden. Antonio Giovinazzi kam auf zwei Rennen für Sauber als Ersatz für Pascal Wehrlein, während Pierre Gasly noch immer auf eine Chance bei Toro Rosso hofft. Leclerc hätte für 2018 wenn überhaupt bei Sauber Chancen, wo er in Konkurrenz zu Wehrlein, Giovinazzi und Bezahlfahrer Marcus Ericsson tritt.

Teammanager hinterfragt Sinnhaftigkeit

Prema-Teammanager Rene Rosin sieht sich nun berufen, etwas Druck auszuüben, auf dass seine (ehemaligen) Schützlinge den Sprung in die Formel 1 schaffen. "Fahrer wie Antonio, Pierre oder Charles gehören in die Formel 1, weil sie es verdient haben", sagt er gegenüber 'Autosport'. "Wie Charles das alles dieses Jahr regelt, ist unglaublich. Er verdient wirklich eine Chance. Sie müssen ihm ein Cockpit geben, was wäre sonst der Sinn der Nachwuchsformeln? Und was wäre der Sinn der Formel 1, wenn wir nicht in der Lage sind, die besten Fahrer des Feldes dort unterzubringen?"

Ex-GP2-Meister Stoffel Vandoorne musste einen Umweg über Japan gehen, um für 2017 ein Formel-1-Cockpit zu ergattern. Sein Nachfolger Pierre Gasly geht in diesem Jahr denselben Weg. "Diese Jungs träumen von der Formel 1. Wo liegt der Sinn von Formel 1, 2, 3 und 4, wenn sie keine Möglichkeit bekommen, Formel 1 zu fahren?", klagt Rosin. Immerhin durften Giovinazzi und Leclerc in Ungarn jüngst für Ferrari testen.

Rosins Team fährt erst das zweite Jahr GP2/Formel 2, hat aber in beiden Jahren sofort die Messlatte gelegt. Ein Formel-1-Engagement könnte er sich durchaus vorstellen: "Warum nicht? Die Formel 1 ist der Traum eines jeden Teams - nicht nur für Fahrer, sondern auch für Ingenieure. Natürlich ist es ein Traum, der schwer zu erreichen ist. Es müsste viele Änderungen in der Struktur des Motorsports geben."

Das Problem für viele Teams aus Nachwuchskategorien ist, dass mittlerweile überall mit Einheitsautos gefahren wird und den Teams damit die technische Expertise fehlt, ein eigenes Auto zu konstruieren, was in der Formel 1 Pflicht ist. ('Motorsport-Total.com'-Redakteur Dieter Rencken hat dieses Problem ausführlich bei 'Autosport' erläutert)