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Williams

Großbritannien

Porträt

(Stand: Januar 2024) Ist es Williams unter der Führung von Teamchef James Vowles gelungen, den Niedergang aufzuhalten? Es wirkt so: Vom letzten Platz in der Konstrukteurswertung 2022 verbesserte sich das Traditionsteam aus Grove in England in der Saison 2023 immerhin auf Platz sieben und avancierte zum regelmäßigen Kandidaten auf WM-Punkte. Wie aber geht die Story 2024 weiter?

Das ehemalige Familienteam ist inzwischen nicht mehr im Besitz der Familie Williams. Im August 2020 hat die US-Investmentgesellschaft Dorilton Capital den Rennstall übernommen, aber den Namen Williams (vorerst) belassen. Teamgründer und Teamchef Frank Williams und seine Tochter Claire Williams, die zuletzt als Teamchef-Stellvertreterin aktiv gewesen war und das Team de facto angeführt hatte, sind im Zuge des Verkaufs aus dem Unternehmen ausgeschieden.

Der Management-Wechsel zeigte rasch erste Ergebnisse: Ab 2022 bezog Williams nicht nur den Formel-1-Antrieb, sondern auch Getriebe und weitere Komponenten von Mercedes - ein Schritt, den die Familie Williams nicht zu gehen bereit war, weil man (zu) stolz auf die eigene Unabhängigkeit als Privatteam und Konstrukteur gewesen war. Allerdings hatte Williams mit genau dieser Strategie über viele Jahrzehnte sehr viel Erfolg in der Formel 1 gehabt.

Frank Williams hatte 1969 sein erstes Team gegründet, verkaufte es jedoch 1976 an Walter Wolf. 1977 stieg er mit Patrick Head als Partner neu ein. Der Schweizer Clay Regazzoni war es, der 1979 in Großbritannien den ersten Sieg erzielte. Ein Jahr später folgte mit Alan Jones am Steuer der erste von sieben Fahrertiteln. Die weitere Geschichte prägten Figuren wie Nelson Piquet, Nigel Mansell, Alain Prost und Damon Hill. Die Konstrukteurs-WM gewann Williams neun Mal. Hinter Ferrari, McLaren und Mercedes ist Williams noch die Nummer vier der ewigen Siegerliste der Formel 1.

Nicht nur deshalb zählt das altehrwürdige Team zu den traditionsreichsten der Formel 1, wartet aber schon seit Jacques Villeneuve 1997 auf eine weitere WM-Krone. Die letzte Poleposition gelang Nico Hülkenberg 2010 in Brasilien, der letzte Sieg erfolgte durch Pastor Maldonado 2012 in Spanien.

Das Zepter schwang zuletzt Williams-Tochter Claire als stellvertretende Teamchefin, auch wenn ihr gesundheitlich geschwächter Vater - er saß ab einem Autounfall im Jahr 1986 querschnittsgelähmt im Rollstuhl - formal der Boss war. Sie vertraute auf schillernde Persönlichkeiten als Leiter der Technikabteilung: Zunächst nahm Mike Coughlan, berühmt durch die Verwicklung in den McLaren/Ferrari-Spionageskandal im Jahr 2007, die Rolle ein. Auf Pat Symonds, der in den Renault-"Crashgate"-Skandal um Flavio Briatore verwickelt war, folgte 2017 Ex-Mercedes-Mann Paddy Lowe, der nach dem "Fehlstart" ins Jahr 2019 gehen musste.

Dabei hatte es zwischenzeitlich nach einem Williams-Comeback ausgesehen: Symonds etablierte Williams nach der bis dato schlechtesten Saison (2013) auf P3 der Konstrukteurs-WM 2014 und holte mit dem früheren Ferrari-Techniker Rob Smedley einen Chefingenieur, der sich als Führungskraft etablierte. 2015 wiederholte Williams den Erfolg, knüpfte jedoch nicht an die Leistungen an und fiel auf Rang fünf zurück.

2018 erlebte die Truppe eines der schlechtesten Jahre ihrer Geschichte und wurde in der Konstrukteurs-WM Letzter, 2019 kam es noch dicker und 2020 erneut: Williams fuhr meist gnadenlos hinterher und belegte zum dritten Mal in Folge den letzten Platz, auch wenn George Russell ab 2019 zumindest im Qualifying gelegentlich Glanzpunkte setzen konnte. Punkte waren meist klar außer Reichweite.

Das änderte sich in der Saison 2021 unter der Regie des neuen Williams-Teamchefs Jost Capito, der zugleich als Geschäftsführer in Erscheinung trat. Er holte seine früheren Volkswagen-Kollegen Francois-Xavier Demaison und Sven Smeets als Technischer Direktor und Sportdirektor zu Williams und verpasste dem Rennstall eine neue Struktur. Auf der Strecke holte das Team in immerhin vier Rennen WM-Punkte und rückte damit vor auf den achten Platz in der Konstrukteurswertung. Höhepunkt 2021: Im Abbruch-Rennen in Spa belegte Russell P2 hinter Sieger Max Verstappen, weil er im Regen-Qualifying sensationell auf P2 gefahren war und im Rennen (mit nur einer gewerteten Runde hinter dem Safety-Car) nicht überholt werden durfte.

Für 2022 wechselte Williams-Spitzenfahrer Russell, der seine Teamkollegen Robert Kubica und Nicholas Latifi klar dominiert hatte, ins Mercedes-Werksteam. Latifi blieb bei Williams und erhielt mit Alexander Albon einen neuen Teamkollegen. Albon gab für das Comeback in der Formel 1 sogar seine Bindung an Red Bull auf, zumindest vorerst. Viel zu holen gab es aber nicht: Albon und Latifi fuhren zusammen nur bei fünf Rennen in die Punkte, Williams belegte abgeschlagen den letzten Platz in der Konstrukteurswertung.

2023 standen Änderungen an bei Williams: Capito und Demaison verließen überraschend das Team, mit dem früheren Mercedes-Strategen James Vowles kam ein neuer Mann als Teamchef dazu. Und auf der Strecke ging es voran, vor allem dank Albon, der die meisten Punkte beisteuerte und Williams so aus der Versenkung holte. Logan Sargeant als Formel-1-Rookie tat sich dagegen schwer und holte nur einen Punkt, sorgte mit etlichen Abflügen noch dazu für eine hohe Ersatzteil-Rechnung. Aber: Williams etablierte sich wieder in der Top-10-Region und ließ das Ende des Feldes teils deutlich hinter sich - ein Schritt in die richtige Richtung.

Frank Williams erlebt all das nicht mehr mit: Der ehemalige Gründer und Teamchef verstarb Ende 2021 im Alter von 79 Jahren. Das Team, das weiterhin seinen Namen trägt, verwendet (vorerst) weiter seine Initialen "FW" als Typenbezeichnung für das Formel-1-Auto.