Super-Rookie Heinemann: Ohne Strafe sogar DTM-Sieger?

Ex-Simracer Tim Heinemann verblüfft alle und fährt in seinem ersten DTM-Rennen auf das Podium - In die Euphorie mischt sich auch ein wenig "Was wäre, wenn?"

(Motorsport-Total.com) - "Das ist wie im Film, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll!" - Tim Heinemann war nach dem DTM-Auftakt in Oschersleben sprachlos. Der 25-Jährige hat sich aus dem Simracing kommend einen Traum erfüllt, den nur wenige leben dürfen. Dennoch muss die Frage erlaubt sein: War da nicht noch mehr drin?

Titel-Bild zur News: Tim Heinemann hatte kaum jemand auf der Rechnung: Hätte es sogar der noch größere Pokal werden können?

Tim Heinemann hatte kaum jemand auf der Rechnung: Hätte es sogar der noch größere Pokal werden können? Zoom

Heinemann erwischte einen Bombenstart von P7 und war schon Vierter. Vor dem Toksport-Piloten tauchte schnell Jack Aitken auf, der im Emil-Frey-Ferrari die Reifen nicht auf Temperatur bekam. Angriff in Kurve 3, es kracht einmal, am Kurvenausgang schiebt Heinemann Aitken noch ein wenig raus.

Zur Überraschung von DTM-TV-Experte Mike Rockenfeller musste Heinemann den Platz wieder abgeben. Rockenfeller war sich sicher: Das war ein hartes, aber legitimes Manöver.

In der Folge hing Heinemann bis zum Boxenstopp hinter Aitken fest und machte beim Boxenstopp Plätze gut. Nach dem Stopp von Franck Perera schrumpfte der Abstand kurzzeitig auf unter eine Sekunde. Wäre die Sensation möglich gewesen?

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Heinemann bleibt diplomatisch: "Das ist Jammern auf hohem Niveau. Wenn mir vor ein, zwei Monaten jemand gesagt hätte, dass ich in meinem ersten DTM-Rennen Zweiter werde, hätte ich das sofort genommen. Ich bin einfach nur mega happy und super dankbar."

Okay, aber wäre es dann möglich gewesen? "Ohne die paar Sekunden [die ich hinter Jack Aitken verloren habe] wäre ich vielleicht vor Franck rausgekommen." Dann wäre es interessant geworden: Perera auf frischeren Reifen gegen die überholfeindlichste Strecke im Kalender. "Vielleicht hätten wir um den Sieg kämpfen können. Aber letztlich fehlen mir auch so schon die Worte."

Frische Reifen verpuffen hinter Aitken

"Vor dem Start dachten wir noch, dass mit etwas Glück und einem guten Start vielleicht die Top 5 oder sogar die Top 3 möglich wären. Aber mit Platz zwei und einer kleinen Chance auf den Sieg hätte ich nie gerechnet. Am Ende war Franck einfach zu schnell für uns, aber es war ein Mega-Rennen."

Möglich wurde der Angriff auf Aitken durch frische Reifen am Start, wie er erklärt: "Wir sind mit frischen Reifen gestartet, die Autos vor uns mit gebrauchten. Diesen Vorteil wollte ich nutzen. Leider hat es nicht funktioniert. Es war kein Rookie-Fehler, sondern einfach ein kleiner Fehler von mir, dass es zu hart war."

Völlig überraschend konnte Heinemann beim Stopp an Ricardo Feller, Jack Aitken und Mirko Bortolotti vorbeiziehen. "Das lag an der Boxenstrategie meines Teams", gibt er den Dank an Toksport WRT weiter. "Wir haben ein kleines Fenster erwischt, um nach vorne zu kommen."


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Bemerkenswert ist, dass er auf zwei Arten überholte: gegen Aitken mit einem Overcut, gegen Feller und Bortolotti via Undercut. "Dann musste ich mich auf kalten Reifen verteidigen, aber zum Glück ist es in Oschersleben schwierig, zu überholen, und ich konnte vorne bleiben.

Aus dem Simracing aufs DTM-Podest

Tim Heinemann hat den Karriereweg eingeschlagen, der für junge Fahrer immer mehr zur Alternative wird: Simracing. "Ich bin bis 2009 Kart gefahren, konnte dann aber aus finanziellen Gründen nicht mehr weitermachen", erzählt er. Eine Geschichte, die vielen Talenten bekannt vorkommen dürfte.

"Deshalb habe ich 2009 mit Simracing angefangen und bin darüber in die GT4 gekommen." Heinemann gehörte zu den absolut schnellsten Fahrern am PC und wurde sogar aus einer Liga ausgeschlossen, weil man ihm Betrug vorwarf. Doch er zeigte immer wieder, dass seine Erfolge auf purem Speed beruhen.

"2019 hatte ich meine erste Saison in der GT4. Natürlich war es immer mein Traum, irgendwann in die DTM zu kommen. Aber es ist erst meine fünfte Saison im realen Motorsport. Da fühlt es sich schon surreal an, ein Teil davon zu sein, geschweige denn auf dem Podium zu stehen."


Fotos: DTM: Saisonauftakt in Oschersleben 2023, Samstag


Zum Schluss bricht er noch eine Lanze für die Simracer: "Ich bin stolz darauf und freue mich, zeigen zu können, was Simracer können. Es gibt so viele talentierte Jungs im Simracing, die eine Chance im Rennauto verdienen."

Im Rennen am Sonntag gilt es nun, mit dem Erfolgsballast zu zeigen, dass der Samstag keine Eintagsfliege war. Eines ist klar: So unbeschwert wie heute wird Tim Heinemann nie wieder fahren können, nachdem er die Messlatte nun selbst extrem hochgelegt hat.

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