Wasserstoffverbrennungsmotor: Jetzt sind die Hersteller gefragt

Toyota prescht bereits voran, Bosch ist in Gesprächen: Wird der H2-Verbrenner im Motorsport kommen? - Und wenn ja, wo? - Das bestimmt die Industrie

(Motorsport-Total.com) - Der Anfang ist gemacht. Der Ligier mit Wasserstoffverbrennungsmotor ist Realität und dreht zuverlässig seine Runden. Die von Bosch entwickelte Einspritzanlage könnte überall im Motorsport eingesetzt werden.

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Welcher Hersteller lässt sich vom Bosch H2 Demonstrator überzeugen? Zoom

"Das ist wirklich nicht trivial, das gibt es in keinem Rennwagen. Die Komponenten gibt es nicht umsonst. Doch sie sind vergleichbar mit denen, die wir heute schon im Auto haben, nur ein bisschen anders", sagt Ingo Mauel, Leiter Bosch Motorsport, gegenüber Motorsport-Total.com.

Die Summen sind also für ein industrielles Projekt dieser Größenordnung überschaubar. Ziel von Bosch ist es, mit dem H2 Demonstrator Hersteller davon zu überzeugen, in die Technologie zu investieren und gemeinsam im Motorsport anzutreten. Dazu muss sich aber ein Hersteller bereit erklären, ein Programm aufzusetzen. Das ist bekanntlich der schwierigste Schritt.

Doch bei der derzeitigen Unsicherheit in der Autoindustrie über die Antriebe der Zukunft stößt das Thema auf großes Interesse: "Wir führen Gespräche, um das System bei einem Automobilhersteller unterzubringen. Und das sind nicht wenige. Viele Hersteller schauen sich das an, auch solche, die vorher eine andere Meinung hatten, in welche Richtung es [bei Antrieben] geht."

"Es gibt Gespräche mit solchen, die nur an der Einspritzung interessiert sind. Es gibt Kunden, die sich an allen [Komponenten des Demonstrators, also auch Tank und Software] interessiert zeigen. Es gibt Kunden, die wissen noch gar nicht, worum es geht. Die wollen nur darüber reden. Das ganze Spektrum. Aber das ist immer so, auch bei anderen Technologien."

Mittlerweile geht es darum, Nägel mit Köpfen zu machen, denn das Ligier-Projekt ist in der Entwicklung schon sehr weit: "Die Hersteller beobachten das im Moment, das sollte man auch tun. Aber richtig interessant wird es, wenn einer sagt: 'Ich mache das, ich ziehe das durch und baue ein Fahrzeug, mit dem ich Rennen fahren will.'"

Alle Motorsport-Disziplinen möglich

Dabei kam Bosch der Zufall zu Hilfe: Als der H2-Demonstrator - gerade frisch vorgestellt - im Hydrogen Village bei den 24 Stunden von Le Mans 2022 ausgestellt war, kündigte Toyota an, mit einem Wasserstoff-Verbrennungsmotor in Le Mans antreten zu wollen und stellte seinerseits ein Konzept vor. Damit hat sich der erste Hersteller zu dieser Technologie bekannt.

"Das war einfach perfektes Timing, denn als Herr [Akio] Toyoda das angekündigt hat, war unser Prototyp gerade da. Besser konnte es für uns nicht laufen, und seitdem ist das Interesse riesig."

Ein Vorteil des Bosch-Systems ist, dass es in den verschiedensten Motorsport-Disziplinen eingesetzt werden kann. Natürlich bieten sich die 24 Stunden von Le Mans an, denn der ACO forciert das Thema Wasserstoff enorm. Aber es ist kein Muss. Der Hersteller kann entscheiden, wo er das System einsetzt.


Soundprobe Bosch H2 Demonstrator

Der Bosch H2 Demonstrator auf Ligier-JS2-R-Basis mit Wasserstoffverbrennungsmotor zeigt seine Kraft - und seinen Sound

"Die Rallye Dakar scheint gerade eine Renaissance zu erleben, plötzlich wollen alle wieder dabei sein", nennt Mauel ein Beispiel. Während das Audi e-tron-Projekt bereits seit zwei Jahren läuft und Toyota über das Overdrive-Team schon seit Ewigkeiten dabei ist, engagieren sich Dacia und Ford künftig ebenfalls werksseitig bei der Wüstenrallye.

Das würde aus mehreren Gründen passen: Der Dakar-Veranstalter A.S.O. hat klimafreundliche Treibstoffe ganz oben auf die Agenda gesetzt. Wasserstoff wurde zwar nicht explizit genannt, aber ein Hersteller mit einem entsprechenden Projekt würde wohl offene Türen einrennen.

Und Saudi-Arabien ist mit seinem schier unendlichen Potenzial an Sonnenenergie und seinen langen Küstenlinien wie geschaffen für die Wasserstoffproduktion - vorausgesetzt, es gelingt, Wasserstoff aus Meerwasser zu gewinnen. Entsprechende Forschungsprojekte laufen auf Hochtouren, denn für Saudi-Arabien hat das Endspiel des Ölzeitalters begonnen.

Wie Batterien vor 15 Jahren

Letztlich sind aber alle Anwendungen im Motorsport denkbar. Und die Schritte dürften gewaltig sein, denn das Thema Wasserstoff steckt noch in den Kinderschuhen: "Wir sind beim Wasserstoff ungefähr da, wo wir vor 15 Jahren bei den Batterien waren. Die waren groß, schwer, hatten viel zu viel Gewicht. Gut, die Batterien sind immer noch zu schwer, aber bei weitem nicht mehr so wie vor zehn Jahren."


Fotos: Bosch H2 Demonstrator


"Beim Wasserstoff wird es ähnlich sein. Das liegt daran, dass der Weltmarkt für Wasserstoff erst jetzt entsteht. Alle wichtigen Länder haben Wasserstoffstrategien. Fast jedes große Unternehmen investiert in Wasserstoff."

Die Herausforderung liegt derzeit noch im Tankvolumen. Mit den drei Tanks für rund sechs Kilogramm Wasserstoff kommt der H2 Demonstrator derzeit etwa eine halbe Stunde weit. Auf der Vollgasstrecke von Le Mans wahrscheinlich noch weniger. Der Tankvorgang dauert drei bis fünf Minuten, weil die Kommunikation zwischen Tankstelle und Fahrzeug sehr lange dauert.

Aber das sind Themen, die durch Entwicklung gelöst werden können. Da ist aber nicht mehr Bosch gefragt, sondern Spezialisten für Tanks und Nachtanksysteme. Und damit letztlich auch Motorsport-Veranstalter, egal ob ACO, A.S.O. oder wer auch immer.